CARINTHIja 2020 im Jahr 2021
geschrieben am 26.03.2021 09:58Verschoben, aber nicht aufgehoben!
CARINTHIja 2020 reloaded. Mit einem entschlossenen „da capo!“ meldet sich die Kunst-Intervention „BRÜCKEN BAUEN/ GRADIMO MOSTOVE“ von Initiator Gerhard Leeb im neuen Jahr 2021 zurück. „Coronabedingt“ (welch, den besonderen Umständen des Vorjahres geschuldetes Unwort!) muss aber nicht das gesamte CARINTHIja 2020 Vorhaben „von vorne“ beginnen. Immerhin konnten rund zwei Drittel der geplanten Aktivitäten im Jubiläumsjahr 2020 umgesetzt werden. Einige Veranstalter nehmen nun 2021 aber einen neuen Anlauf, da die notwendigen Maßnahmen zur Pandemieeindämmung ihre Planungen ordentlich durchkreuzt hatten. Wie Großkonzerte, Bühnenproben oder die Einladung internationaler Gäste in Zeiten von Social-Distancing, Lockdown und gar Grenzschließungen sowohl mit Planungssicherheit als auch mit der notwendigen gesundheitlichen Sicherheit aller Beteiligten bewerkstelligen? Diese Frage könnte wohl nur die Vorsehung selbst, so sie personifiziert und entschlossen auftreten würde, beantworten. Daher haben rund 23 Initiativen der Projektausschreibungen von CARINTHIja 2020 das Beste aus ihrer Situation gemacht und ihre Vorhaben in Abstimmung mit der Kulturabteilung auf 2021 verschoben. Noch einmal so viele setzen ihre Reihe mit Einzelveranstaltungen oder Verlängerungen ebenfalls nach einer Winterpause ab Frühjahr 2021 fort, sodass man von einem Jubiläumsjahr „plus“ oder „CARINTHIja 2020 reloaded“ sprechen könnte.
Breites Veranstaltungsspektrum. Das Publikum erwartet jedenfalls 2021 einiges. Vor allem im Bereich der darstellenden Kunst darf frau/man sich auf kreative und eigenständige Inszenierungen freuen: „Jemand“, die dem international gewürdigten Choreografen und Tänzer Johann Kresnik gewidmete Hommage, kommt im Juli in Bleiburg/Pliberk zur Aufführung. In Bad Eisenkappel/Železna Kapla entwirft ab 22. Juli „der falsche socken zum richtigen schuh oder die zeichen stehen auf sturm“ zur Lyrik Maja Haderlaps ein choreografisches Theater mit Sprengkraft. „Immer noch Sturm“ verheißt die vom Theater im Raum neu erzählte Familiengeschichte Handkes, die im Sommer auf der Heunburg unterschiedliche Erzählung zum Thema macht. Das Theater WalTzwerk ist gerade dabei, sein „Spuren/sledi“-Projekt neu zu adaptieren. Das Laientheaterschaffen des Christlichen Kulturverbandes rückt mit dem Stück Veter v grapah Korotana/Der Wind in den Gräben Karantaniens dramatische Schicksale und Entscheidungen der jüngeren Geschichte im zweisprachigen Gebiet Kärntens in den Fokus.
Performativ und im Freien angelegt sind Interventionen und Installationen, wie die am 24. April von Tanja Prušnik inszenierte, musikalisch begleitete Gedächtniswanderung „Erinnerungsschleife Utopia gnp“ auf den Spuren dreier Widerstandskämpfer, die Ortsansässige in das Projekt miteinbindet. Unter dem Motto „Unser Land zwischen Tradition und Zukunft. Gestern – Heute − Morgen/Včeraj – Danes – Jutri“ wandert im Sommer ein interaktiver WanderContainer des Katholischen Bildungshauses Sodalitas durch Südkärntner Gemeinden.
Wandern mit Singen zu verbinden zeichnet das Konzept des grenzüberschreitenden Projektes „grenzenlos – brezmejno“ vom Chor HEIMATKLANG Bach aus: Konzertierend soll im August vom slowenischen Libeliče aus der ehedem gemeinsame, großteils zweisprachige Lebensraum über die Grenze hin nach Leifling-Bach erschlossen werden. Kärnten als Schnittpunkt dreier Kulturen ist im Juli auch eine musikalische Hommage des Vereins oPop Musik in Kärnten mit dem Titel „SERVUS – Srečno – CIAO“ gewidmet. Und dass Singen verbindet, unterstreicht das vom Sängergau Unterland unter Beteiligung von Chorgemeinschaften der slowenischen Volksgruppe veranstaltete Konzert am 19. Juni, das eine aus mehrsprachigen Liedern bestehende, völkerverbindende „Klangwolke über Völkermarkt“ spannt. „Gemeinsam durch die Zeit – Skupaj skozi čas“ streift dann im Herbst ein mitreißendes Potpourri aus Tönen, das der Musikverein Möchling-Klopeiner See in Kooperation mit dem slowenischen Kulturverein SPD Danica in St. Kanzian im Blick hat. Seine verschiedenen Kulturveranstaltungen wird der slowenische Kulturverein Radiše in „MOST...2020...BRÜCKE“ schließlich als multimediales Ereignis filmisch zusammenführen.
Dem Kulturraum „An den Ufern der Drau“ widmete sich in mehreren Workshopreihen bereits im Vorjahr das Kärntner Bildungswerk, um nun seine Projektergebnisse am 11. Juni 2021 vorzustellen. Erinnerungen und die mit ihr verbundenen multiperspektivischen Formen des Gedenkens als Erinnerungskultur diskutieren die erstmals in Bleiburg/Pliberk von 23.- 25. April 2021 abgehaltenen „Bleiburger Dialogtage“. Die programmatisch dazu passenden Feste des Miteinanders werden hoffentlich im heurigen Sommer der kulturellen Weltoffenheit der Region weiter Vorschub leisten. Dabei fügt sich die neue Ausstellung „doma|daheim“ im Werner Berg Museum nahtlos in die Gesamtidee von CARINTHIja 2020. Dem Erinnern verschreibt sich die für Velden konzipierte Ausstellung „Vererbtes Schweigen, verdrängte Erinnerung“ des Vereins Industriekultur und Alltagsgeschichte, die ab Mitte Mai ihre Pforten öffnet. Ein weiterer, nun verwirklichter Ausstellungsschwerpunkt von CARINTHIja 2020 ist die Schau im Bunkermuseum am Wurzenpass, die sich ab 9. Mai mit „Kärnten 1918+: Vom Abwehrkampf zum gemeinsamen Europa“ mit spannenden aktuellen Fragen auseinandersetzen wird. Mit „Schmuggelei/Šmuglanje“ wird das Forum Zarja in Bad Eisenkappel-Vellach/Železna-Kapla-Bela ab 27. Mai Brisantes zum einstigen Schmuggelhandel in den Karawanken zu erzählen haben. Grenzüberschreitend angelegt und von internationalen Expert*innen bespielt ist schließlich noch die Tagung der Pädagogischen Hochschule Kärnten, „Mehrsprachigkeit – Identität und Bildung“, die im September über die Bühne gehen wird.
Zusätzlich zu diesen Premieren an Veranstaltungen warten rund 20 Veranstalter mit Programmverlängerungen auf. horizontal20 wird mit einem zusätzlichen Termin im Frühsommer weitere Horizonte aufstoßen. Im Museum am Bach in Ruden wird bei FREEDOM OF CHOICE – SVOBODA IZBIRE – ZUR FREIHEIT DER WAHL am runden Tisch ab 1. Mai weiter über die Demokratie diskutiert und unter der Adresse Loibltal/Brodi 1 spürt der Kulturverein INTERFERENZEN im kleinen, feinen Rahmen nochmals dem „Gedächtnis des Ortes/Kraj in njegov spomin“ nach. Das Internationale Figurentheaterfestival Cikl Cakl wird den zweiten Teil seiner Festspiele kommenden Sommer neu beleben, wie die Schwabegger Kulturschaffenden ihr grenzübergreifendes Festival Suha für 18./19. Juni in Dravograd (SLO) und Neuhaus anvisiert haben.
Die Mobile Ausstellung mit ihrer markanten Holzarchitektur und dem interaktiven Inventar zur Zeitgeschichte der letzten 100 Jahre möchte schließlich ihren Weg durch die Kärntner Bezirke und Regionen fortsetzen und Wolfsberg, St. Veit/Glan, Hermagor und Spittal/Drau jeweils einen mehrwöchigen Besuch abstatten. All diese Aktivitäten zusammen werden dazu beitragen, dass „CARINTHIja 2020 – 100 Jahre Kärntner Volksabstimmung. Ein Land in Zeitreisen und Perspektiven/100 let koroškega plebiscita. Dežela na potovanju skozi čas in prostor“ über das Jahr 2020 hinaus seine Kreise ziehen und damit nachhaltig im Gedächtnis bleiben wird.
Andrea Kirchmeir
Kunsthistorikerin und Pädagogin,
Abteilung Kunst und Kultur.
Hinweis:
Aufgrund der Pandemie-Situation sind die jeweils aktuellen Informationen zu den Projekten und Terminen auf www.carinthija2020.at abrufbar.